Nestlé vertreibt jetzt den Antifaltenwirkstoff Botox – Vor- und Nachteile dieses Mittels

Schönheitsoperationen in der Schweiz.( Bild: Karyna Che / Shutterstock.com)
Ein Schweizer Konzern erobert mit hochpreisigem Kaffee in Metallkapseln die Welt. Wer hätte das geglaubt? Was mit Nespresso glücklich gelaufen ist, will Nestlé nun auch mit Botox versuchen. Das Geschäft mit dem Antifaltenwirkstoff liegt eigentlich fest in der Hand des Unternehmens Allergan.  

Allergan waren die Ersten, die Botox als Verjüngungspräparat auf den Markt brachten. Das war vor etwa zehn Jahren und seitdem haben sie Milliarden damit verdient. Ungebremst wachsen Botox-Umsätze weltweit jährlich um einen zweistelligen Betrag – kein Ende ist abzusehen, denn es gibt mehr und mehr Möglichkeiten für die Anwendung des Nervengiftes. Davon will nun auch Nestlé profitieren.

Vor einigen Wochen kaufte der in Vevey ansässige Grosskonzern, der 333’000 Mitarbeiter beschäftigt, die nordamerikanischen Vertriebsrechte für Botox und weitere Antifaltenpräparate wie etwa Hyaluronsäure. Verkäufer war Allergans wichtigste Mitbewerberin, die US-Firma Valeant Pharmaceuticals, der Preis – 1,4 Milliarden Dollar. Gegenwärtig richtet Nestlé eine eigene Haut-Abteilung ein, die unter anderem für die Produkte Emervel, Dysport, Restylane, Perlane und Sculptra verantwortlich sein soll. Sie nennt sich Nestlé Skin Health.

Als Basis für die Abteilung soll die ebenfalls in der Totalübernahme begriffene Dermatologie-Firma Galderma dienen. Nestlé hatte sich diese zuvor 30 Jahre lang zu 50 % mit dem französischen Kosmetikunternehmen L’Oréal geteilt. Die lange Zeit als behäbiges Schweizer Traditionsunternehmen betrachtete Firma findet auf solche Weise den Weg in die Moderne. Nestlé kontrolliert momentan 15 % des weltweiten Marktes für Botox- und Hyaluronsäure-Spritzen.

Bis 2017 wird der Jahresumsatz auf fünf Milliarden Dollar geschätzt. Aber warum wachsen die Botox-Umsätze so rasant – was bewirkt dieser Stoff tatsächlich? Die Hälfte aller Anwendungen entfällt auf medizinisch abrechenbare Zwecke wie Migräne, Schwitzen, Schielen und Inkontinenz. Einige Schweizer Ärzte verwenden Bootox auch gegen Zähneknirschen. Des Weiteren wird intensiv an den Wirkungsweisen etwa für depressive oder athritische Menschen geforscht.


Schönheitsoperationen in der Schweiz.( Bild: Karyna Che / Shutterstock.com)
Schönheitsoperationen in der Schweiz.( Bild: Karyna Che / Shutterstock.com)


Doch eigentlich ist der Wirkstoff als Faltenglätter und Verjünger bekannt. Allein in der Schweiz wird mehr als 200’000 Mal im Jahr die Spritze dafür gesetzt, wobei als Behandlungszentren Zürich und Bern Spitzenreiter sind. Allerdings sind dies zurückhaltende Schätzungen. Aus anderen Quellen wissen wir, dass die Schweiz sogar, global gesehen, das Land mit den meisten Pro-Kopf-Behandlungen sei. Dabei belaufen sich die Kosten bei etwa 400 bis 500 Franken pro Anwendung.

Die Wirkung tritt eine Woche nach der Behandlung zutage: Die mimische Gesichtsmuskulatur ist derart blockiert, dass sich die Haut dort nicht mehr faltig zeigt. Das Ergebnis hält jedoch nur zwischen drei und sechs Monate an, denn der Körper baut das Gift nach und nach ab. Dafür ist allerdings nicht der Stoffwechsel zuständig, sodass Organe nach Meinung vieler Mediziner nicht durch Botox geschädigt werden. Stattdessen übernehmen körpereigene Enzyme diese Aufgabe. Wer langfristig ohne Falten sein möchte, muss sich also mindestens zweimal jährlich behandeln lassen.

Kurioserweise hindert das weder Schweizerinnen noch Schweizer daran, sich der Prozedur in zunehmendem Masse zu unterziehen. Denn – warum auch immer – zahlreiche Männer nehmen Botox in Anspruch – quer durch alle sozialen und Einkommensschichten.

Laut Bundesamt für Gesundheit kann jeder Arzt theoretisch solche Behandlungen vornehmen.  Und vonseiten der Gesundheitsbehörden gibt es kaum nennenswerte Einschränkungen. Aus diesem Grund variieren die Preise recht stark. Selbst Kosmetikinstitute können mithilfe freier Ärzte die Botox-Behandlung anbieten.

Einige Interessenten informieren sich vorher selber im Internet, lassen sich dann bei einem Billiganbieter behandeln und sind mit der Präzision des Ergebnisses am Ende unzufrieden. Niedergelassene, plastische Chirurgen berichten durchgehend davon, dass dies etwa die Hälfte bis drei Viertel aller Klienten betrifft. Denn nur plastische Chirurgen mit genug Erfahrung kennen die feine Muskulatur unserer Mimik im Gesicht hinreichend gut. Sie können den individuellen Fall rasch und so exakt einschätzen, dass sie genau die richtige Menge Botox an genau der richtigen Stelle einspritzen. Am häufigsten wird die sogenannte Zornesfalte an der Stirn korrigiert. Aber auch weitere Anwendungsbereiche ergaben sich nach den Jahren der praktischen Erfahrung. So können beispielsweise die nach unten ziehenden Muskeln der unteren Gesichtshälfte blockiert werden, wodurch ein gewisser Liftingeffekt erzielt wird.

Ideal ist ein möglichst natürliches Ergebnis. Es soll so aussehen, dass die Veränderung zwar angenehm wirkt, in keinem Fall aber auffällt oder künstlich ausschaut. Geht die Spritze jedoch nur Millimeter daneben, kann das Resultat ein maskenhaft aufgesetzter, konstant überrascht aussehender Gesichtsausdruck sein. Und gerade das gilt es unbedingt zu vermeiden. Auch deshalb, weil die wenigsten Frauen und Männer gerne über den kleinen Eingriff sprechen. Diskretion ist und bleibt immer noch das oberste Gebot, auch wenn es wie in Zürich inzwischen einige sogenannte Walk-in-Kliniken gibt, die ohne ausführliche Beratung die Spritzen setzen.

Neue Studien an der Universität Zürich ergaben kürzlich, dass Botulinumtoxin A neben seiner verschönernden Wirkung auch die Verarbeitung von Sinneseindrücken beeinflussen kann. Durch die Lähmung betreffender Gesichtsmuskeln scheint auch eine Lähmung der Impulse einzutreten, die mit dem für Gesichtsnerven zuständigen Hirnareal kommunizieren. Das bedeutet: Das Gehirn reagiert langsamer auf die Signale der Hand, wie Messungen der Hirnströme mit einem Elektroenzephalogramm (EEG) vor und nach Botoxbehandlungen bei 15 Testpersonen ergeben haben. Direkte Auswirkungen auf das tägliche Leben konnten nicht abgeleitet werden. Welche andere Langzeitfolgen sich eventuell noch einstellen werden, ist allerdings nicht abzusehen.

 

Oberstes Bild: © AnikaNes – Shutterstock.com

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