Kraftlos, kränklich, mangelernährt – fünf falsche Ansichten über Veganer

Veganer verzichten komplett auf den Verzehr tierischer Nahrungsmittel wie Fleisch, Eier, Fisch, Milchprodukte und Honig. Als strenge Alternative zum Vegetarismus wird diese extreme Lebensweise bei vielen Schweizerinnen und Schweizern immer beliebter. In weiten Teilen der Bevölkerung kursieren über Veganismus allerdings zahlreiche Halbwahrheiten. Manche der ständig vorgebrachten Argumente sind wissenschaftlich nicht haltbar oder schlicht falsch. Der Bericht räumt mit den bekanntesten Mythen auf.

Die strikte vegane Ernährung ist umstritten. Sie sorgt nicht nur zwischen Fleisch-Essern und den Verfechtern der Kost ohne Milch, Eier, Fisch und Fleisch für heisse Diskussionen, sondern ruft auch in regelmässigen Abständen Ernährungswissenschaftler und Mediziner auf den Plan. Sind Nahrungsergänzungspräparate notwendig – ja oder nein? Wie halten Veganer ihre Zähne gesund und ihre Knochen stark? Lesen Sie hier die Antworten auf fünf sehr häufig gestellte Fragen zum Thema.

1. Leiden Veganer grundsätzlich unter Eiweissmangel?

Der Klassiker aller Mythen: Woher bezieht der Körper eines Veganers lebensnotwendiges Eiweiss? Eines vorab: Viele von uns überschätzen ihren Eiweissbedarf, nicht zuletzt aufgrund aggressiver Werbung für Energieriegel, Proteindrinks & Co. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiss pro Kilogramm Körpergewicht. Demnach benötigt eine Person mit einem Gewicht von 70 Kilo pro Tag 56 Gramm Eiweiss. Das entspricht lediglich zehn bis maximal 15 % der erforderlichen Tageskalorien! Ein Veganer, der sich mit der Zusammensetzung rein pflanzlicher Kost intensiv auseinandergesetzt hat, schafft diese Menge vollkommen problemlos! Zum Vergleich: Während ein Steak 18,5 Gramm Eiweiss pro 100 Gramm liefert, stecken in 100 Gramm Tofu 16,0 Gramm und in 100 Gramm roten Linsen 25,5 Gramm.

2. Was soll ich einem Veganer nur vorsetzen? Er kann doch beinahe gar nichts essen!

Richtig ist, dass das vegane Angebot in Restaurants und unterwegs oft zu wünschen übrig lässt. Vor allem ausserhalb grösserer Städte. Mit ein paar grundlegenden Hinweisen gelingt es trotzdem ganz leicht, einen Veganer kulinarisch zu beglücken und darüber hinaus satt zu bekommen. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Ersatzprodukten, mit denen sich Fleisch oder Fisch ersetzen lassen. Kuhmilch lässt sich beispielsweise gegen Soja-, Mandel- oder Reismilch austauschen. Es gibt veganen Käse aus Nüssen oder Tofu. Alle grösseren Supermärkte verfügen heute über spezielle Regale mit ausschliesslich veganen Lebensmitteln. Oder Sie gehen in einen BIO-Laden und fragen gezielt nach veganem Ersatz für eine geplante Speise. Beinahe das Gleiche gilt im Restaurant. Es lohnt sich durchaus, höflich zu fragen, ob es möglich ist, beispielsweise Soja- oder Mandelmilch anstatt Kaffeesahne zu bekommen. Veganer, die gerne asiatisch essen, haben im Restaurant wahrscheinlich die geringsten Probleme. Dort gibt es immer Tofu-Gerichte und Produkte aus Milch finden kaum Verwendung. Der einzige Knackpunkt ist zumeist die Fischsosse, die sich in vielen der vermeintlich tierfreien Gerichte versteckt. Gezieltes Nachfragen vor der Bestellung beugt unliebsamen Überraschungen ganz einfach vor.



3. Neigen Veganer zu schwachen Knochen und Zähnen?

Produkte aus Milch sorgen für feste Knochen und gesunde Zähne, so die geläufige Meinung. Ganz klar: Milchprodukte enthalten viel Kalzium. Gleichzeitig sind darin aber auch viele Proteine enthalten. Je mehr Protein der Körper zu sich nimmt, umso mehr Kalzium scheidet er aus. Das bedeutet: Die in Milch, Fisch oder Fleisch enthaltenen Phosphate und Aminosäuren begünstigen eine gesteigerte Kalziumausscheidung. Dieser Effekt relativiert den hohen Kalziumgehalt von Milch, Quark, Joghurt & Co. Deshalb raten Ernährungsmediziner sogar Nicht-Veganern, ihren Eiweissbedarf von Zeit zu Zeit über pflanzliche Lebensmittel zu decken. Besonders viel des knochenstärkenden Minerals findet sich beispielsweise in Nüssen, Brokkoli oder Rucola. Zum Vergleich: Während 100 Gramm fettarmer Joghurt rund 115 mg Kalzium enthalten, sind es in 100 Gramm Rucola 160 mg.

4. Ist eine vegane Ernährung nicht unfassbar teuer?

Der Schein trügt und dafür gibt es einleuchtende Gründe: Veganismus ist Trend, hipp, cool, angesagt. Das haben natürlich auch die Ernährungsindustrie und der Handel erkannt. Unermüdlich schicken sie überteuerte Ersatzprodukte wie vegane Schokolade oder Eiweiss-Pülverchen auf den Markt. Dabei sind das alles Fertigprodukte, die mit gesunder Ernährung nichts mehr zu tun haben und die man lieber im Regal liegen lassen sollte. Wer zu saisonalem Gemüse und Obst, Vollkorn-Getreide-Produkten, Kartoffeln, Reis und Nudeln greift, lebt nicht nur gesünder, sondern auch preiswerter! Viele der pflanzlichen Produkte sind günstiger als Fisch, Käse, Wurst oder Fleisch. Auch einfache Ersatzprodukte wie Tofu oder Mandelmilch werden immer erschwinglicher. Und: Wer selbst kocht, kann seine Ausgaben nochmals beträchtlich senken.

5. Veganismus und Kraftsport – funktioniert das überhaupt?

Der wohl grösste Mythos hält sich auch am hartnäckigsten: Veganer können angeblich viel schlechter Muskulatur aufbauen. Infolge der rein pflanzlichen Kost verfügen sie nicht über die gleiche Kraft und Energie wie fleischessende Sportler. Dabei haben einige Weltklasseathleten dieses Vorurteil längst widerlegt. Bestes Beispiel ist Patrik Baboumian. Er gewann 2011 das berühmte Hindernis-Parcours-Rennen „Strongman“ und wurde somit trotz (oder wegen?) seiner veganen Ernährungsweise zum stärksten Mann der Welt gekürt.

 

Oberstes Bild: © Tibanna79 – Shutterstock.com

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