Hosen runter! Ist Cellulitis wirklich nur ein Frauenthema?
Wissenschaftliche Studien haben derartige Behauptungen inzwischen als Unsinn widerlegt. Erstens hat nicht jede Frau zwangsläufig ein schwaches Bindegewebe, zweitens bedeutet ein schwaches Bindegewebe nicht zwangsläufig Cellulite. Drittes können auch Männer Dellen in den Oberschenkeln, am Bauch und am Gesäss entwickeln, wie etwa im Fall eines Androgendefizits. Sie haben das komplizierte Wort noch nie gehört? Es bedeutet etwa so viel wie: Testosteronmangel mit einhergehendem Übergewicht beim alternden Mann.
Cremen oder lieber Sonne?
Auch bei Männern wird die Haut von stützenden Fasern an Knochen und Muskeln verankert. Der Fachbegriff für diese Fasern lautet Bindegewebssepten. Bei der Entstehung von Orangenhaut verhärten diese Septen, sodass das Unterfettgewebe in höhere Hautschichten vordringen kann. Darüber hinaus fliessen Blut und Lymphflüssigkeit schlechter, was den natürlichen Fettabbau bremst. Im Nu sind die Dellen tiefer geworden.
Man kann sich das gut als einen beinahe ununterbrochenen Kreislauf vorstellen, ganz nach dem Motto: Cellulite führt ohne eigenes Zutun zu noch mehr Cellulite. Kurzfristig kann man die Orangenhaut mittels Sonnenbräune kaschieren. Langfristig passiert am Po und an den Beinen prinzipiell das Gleiche wie im Gesicht. Mit jeder Prise Bräune geht etwas Hautstraffheit verloren. Das heisst im Klartext: Zu viel Sonne sorgt leider oben für Falten und darunter für Dellen.
Wie es um die Wirksamkeit von Anti-Cellulite-Cremes bestellt ist, scheidet jede Shorts-Saison aufs Neue die Geister. Eine aktuelle Studie aus Kanada erbrachte nun endgültig ein positives Ergebnis. Per Zufallsprinzip wurde an zwei verschiedene Männergruppen zum einen ein hochwertiges Anti-Cellulite-Produkt, zum anderen ein Placebo verteilt. Weder die Probanden noch die später hinzugezogenen Hautärzte wussten, wer das richtige und wer das Placebo-Präparat benutzt hatte. Ergebnis: Bei vier von fünf Personen hatte die „echte“ Creme die Orangenhaut nach drei Monaten sichtbar gemildert. Um welches Produkt es sich genau handelt, verraten die Forscher natürlich nicht. Allerdings steht fest, dass einer Kombination aus den Wirkstoffen Retinol, Koffein, Algenextrakt und L-Carnitin beste Erfolge attestiert wurden.
Cellulite schützt Männer vor Herzinfarkt
Sie denken jetzt, diese Behauptung sei ein Witz oder die Verfasserin dieses Berichts nicht mehr Herrin ihrer Sinne? Hier die Erklärung: Eine heftige Ausprägung von Orangenhaut stellt für Männer tatsächlich einen gesundheitlichen Vorteil dar. Wenn sich das Fett nämlich nicht unter der Haut ablagern würde, könnte es sich schlimmstenfalls in den Organen und Blutgefässen stauen. Das wäre für den Körper um einiges gefährlicher, weil dadurch nämlich das Herzinfarktrisiko enorm steigt.
Muskulatur sorgt für Straffheit
Hungern gegen Orangenhaut? Vorsicht! Diäten können das Ganze noch verschlimmern. Die Züricher Hautärztin Bettina Rümmelein führte unlängst eine interessante Studie durch: Sie verglich bei knapp 70 Patienten den Body Mass Index, die Muskelmasse und den Cellulite-Grad. Fazit: Über den BMI lässt sich keine sichere Dellenprognose stellen. Ausnahme bilden die Oberschenkel. Je mehr Muskulatur hier vorhanden ist, was bedeutet, dass sie gut trainiert ist, umso weniger Cellulite.
Schwimmen statt Joggen
Beim Kampf gegen Orangenhaut gilt für beide Geschlechter: Joggen ist nicht unbedingt die geeignetste Sportart. Durch die permanenten Erschütterungen leiert das ohnehin schon schwache Bindegewebe zusätzlich aus. Eine super Alternative ist Aqua-Fitness. Wer dabei an gemütliche Schwimmbadrunden denkt, irrt gewaltig. Eine Stunde gezieltes, intensives Training im Wasser verlangt der Muskulatur alles ab und schont gleichzeitig die Gelenke und das Bindegewebe. Wer keine Möglichkeit hat, regelmässig ins Wasser zu steigen, dem sei regelmässiges Training auf einem Fahrradergometer oder Crosstrainer empfohlen.
Hightech gegen Orangenhaut
Weil Cellulite nicht gerade lebensbedrohlich ist, hat die Forschung an konventionellen Kliniken nicht unbedingt oberste Priorität. Umso interessanter ist dieses Themenfeld für Beautyärzte. Wer irgendwann den ultimativen Orangenhaut-Killer auf den Markt bringt, kann sich mit Sicherheit eine goldene Nase verdienen. Hier die derzeit am häufigsten durchgeführten Behandlungsmethoden:
- Carboxy-Therapie, bei der CO2 in die betreffenden Körperpartien gespritzt wird. Fördert Durchblutung und Fettabbau. Drei bis vier Sitzungen, jeweils ab 120 Schweizer Franken, sind notwendig.
- Die Akustische Wellentherapie, die bereits seit Langem gegen Nierensteine eingesetzt wird, soll auch gegen Orangenhaut helfen. Die Wände der Fettzellen werden durchlässiger, Blut- und Lymphfluss gepusht. Zehn Sitzungen ab circa 850 Schweizer Franken.
- Anti-Cellulite-Spritze. Hierbei wird eine Substanz gespritzt, die das Kollagen abbaut. Klingt paradox, ist allerdings wirksam. Indem die Substanz das Bindegewebe angreift, welches ja das Fett festhält, sorgt sie für eine sichtbar glattere Hautoberfläche.
- Unterdruckmassage in Verbindung mit Infrarot- und Radiowellen zeigt nach etwa zehn Sitzungen sichtbare Erfolge. Eine Sitzung kostet ab 130 Schweizer Franken.
Vielleicht ist das Problem schon bald überhaupt kein Thema mehr. Helfen würde in erster Line eine Änderung des Blickwinkels. Soziologen gehen davon aus, dass sich viele Schönheitsideale schon allein dadurch auflösen, dass Männer und Frauen sowohl in Hinblick auf ihre Kompetenzen als auch zahlenmässig gleichberechtigt in Chefetagen aufsteigen. Gängige Ideale dürften dann schnell bröckeln. Schönheitschirurgen sind hingegen der festen Überzeugung, dass es nicht mehr lange dauert, bis eine vollständige Heilung von Cellulitis möglich ist.
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