TIR kritisiert bundesrätlichen Bericht zur Beurteilung der Pelzdeklaration

Der Bundesrat hat heute in Erfüllung zweier parlamentarischer Postulate seinen Bericht zur Pelzdeklarationspflicht veröffentlicht. Im März 2015 war er durch den Ständerat beauftragt worden, Alternativen zur Deklarationspflicht für Pelzprodukte zu prüfen, um der Einfuhr und dem Verkauf tierquälerisch erzeugter Pelzprodukte Einhalt zu gebieten.

Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) erachtet die im Bericht präsentierten Ergebnisse als in höchstem Masse unbefriedigend.

Obwohl die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung die grausamen Haltungs-, Fang- und Tötungsmethoden von Pelztieren klar ablehnt, hat der Verkauf von Pelzwaren eine Renaissance erfahren. Pelz wird heute in grossen Massen billig produziert und ist daher erschwinglich geworden. Er dient fast nur noch zur Verzierung von Textilien und modischen Accessoires. Seit 2014 besteht schweizweit eine Deklarationspflicht für Pelzerzeugnisse, die nicht zuletzt auch die Nachfrage nach tierquälerisch hergestellten Pelzprodukten vermindern und so zu einer Reduktion der entsprechenden Importe beitragen soll. In den vergangenen Jahren ist allerdings klar geworden, dass die Deklarationsverordnung dieses Ziel nicht erreicht.

Im Dezember 2014 wurden daher gleich drei Vorstösse zu dieser Thematik im Parlament eingereicht. Das Postulat „Einfuhr und Verkauf von tierquälerisch erzeugten Pelzprodukten verhindern“ von Ständerätin Pascale Bruderer Wyss (SP/AG), das am 17. März 2015 vom Ständerat angenommen wurde, beauftragte den Bundesrat, Alternativen zur Deklaration für Pelzprodukte zu prüfen, damit der Einfuhr und dem Verkauf von tierquälerisch erzeugten Pelzprodukten Einhalt geboten werden kann. Insbesondere sollte ein Verbot des Inverkehrbringens entsprechender Produkte beurteilt werden.

Nach drei Jahren liegt nun der Bericht des Bundesrats vor. Dessen Fazit ist jedoch enttäuschend: Nach Ansicht des Bundesrats erfüllt die Pelzdeklarationsverordnung ihre Informationsfunktion – diese Bilanz zieht er im Wesentlichen aus einer schriftlichen Befragung von 103 vorgängig durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) kontrollierten Verkaufsstellen. Zwar wurden auch Interviews mit Vollzugspersonen des BLV, SwissFur, zwei Pelzverkaufsstellen, dem Schweizer Tierschutz und der TIR geführt – diese werden in der dem bundesrätlichen Bericht zugrundeliegenden Studie aber lediglich in einem kurzen Abschnitt zusammengefasst.

Einem Import- oder Verkaufsverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte steht der Bundesrat ablehnend gegenüber, da seiner Meinung nach die Gefahr bestünde, dass solche Massnahmen zu Handelsstreitigkeiten führen würden. Selbstverständlich können solche Streitigkeiten bei handelsbeschränkenden Massnahmen niemals ausgeschlossen werden und lässt sich auch der Ausgang eines allfälligen Rechtsverfahrens niemals mit Sicherheit voraussagen. Mit einer solchen Argumentation wären jedoch sämtliche Handelsbeschränkungen in allen Bereichen per se ausgeschlossen, womit die in den relevanten Handelsverträgen bestehenden Ausnahmebestimmungen obsolet wären. In Bezug auf tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte hat die TIR in einem ausführlichen Rechtsgutachten sämtliche relevanten internationalen Bestimmungen und Freihandelsabkommen eingehend untersucht und ist klar zum Schluss gekommen, dass ein entsprechendes Verbot mit den internationalen Handelsverpflichtungen vereinbar wäre. Das Gutachten, das in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachexperten entstanden ist, bleibt im Bericht des Bundesrats jedoch gänzlich unberücksichtigt.

Im Weiteren vertritt der Bundesrat die Auffassung, dass Import- und Verkaufsverbote für die längerfristige Behebung von tierschutzwidrigen Umständen in den Ursprungsländern weniger Wirkung erzielen als die Mitwirkung in den relevanten internationalen Gremien. Bedauerlicherweise haben die genannten Bemühungen der Schweiz nach Ansicht der TIR bislang jedoch keinerlei Verbesserung zugunsten der betroffenen Tiere bewirkt, ganz im Gegenteil: Seit die Pelzproduktion in Asien den Markt buchstäblich mit Billigware überschwemmt, hat sich die Tierschutzproblematik sogar noch drastisch erhöht, denn China verfügt nicht einmal über grundlegendste Tierschutzbestimmungen.

Gegen die Einführung eines Verbots des Imports und des Inverkehrbringens tierquälerisch erzeugter Pelzprodukte sprechen nach Ansicht des Bundesrats überdies die damit verbundenen Umsetzungsprobleme, da Kontrollen im Ausland schwierig wären. Dasselbe trifft jedoch selbstverständlich auf die Deklarationspflicht zu: Dass die Angaben der Lieferanten zutreffen, ist keineswegs sichergestellt. Der Bundesrat überlässt es den Verkaufsstellen und der Konsumentenschaft, die Glaubwürdigkeit der Angaben auf dem Pelzetikett zu beurteilen. Vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat selbst in seinem Bericht auf Hinweise verweist, wonach den Einkäuferinnen und Einkäufern nicht konsequent verlässliche Informationen weitergegeben werden, erachtet die TIR dieses Vorgehen als äusserst bedenklich.

Letztlich anerkennt der Bundesrat einen gewissen Handlungsbedarf bei der Informations- und Aufklärungsarbeit zum Thema Pelz, allerdings erachtet er dies primär als Aufgabe der Pelzbranche und interessierter Kreise. Dennoch soll die Pelzdeklarationsverordnung in verschiedenen Punkten angepasst werden. Neu ist die Einführung des Begriffs „Echtpelz“. Überdies sollen die Begrifflichkeiten zu den Gewinnungsarten leicht angepasst werden: Die missverständlichen Bezeichnungen „Käfighaltung mit Naturböden“, „Rudelhaltung“ und „Herdenhaltung“ sollen überarbeitet werden. Letztlich soll in Fällen, in denen die Verkaufsstellen die erforderlichen Angaben für die Etikettierung von den Lieferantinnen und Lieferanten nicht erhalten können, eine Ausnahme zur vollständigen Deklaration möglich sein.

Für die TIR unverständlich ist nicht zuletzt das deutliche Fazit, das sich weit weniger differenziert zeigt als die Erläuterungen und die Grundlagen, auf die im Bericht abgestellt wird. Insgesamt wirkt die Schlussfolgerung deshalb voreingenommen, was Zweifel daran aufkommen lässt, dass der Bundesrat eine Alternative zur Pelzdeklarationspflicht je ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Die TIR zieht aus dem Bericht eine ernüchternde Schlussfolgerung: Die Schweiz beharrt auf einer Deklaration, die sie nicht überprüfen kann und die – wie der Bericht eingesteht – bislang kaum zu Veränderungen des Kaufverhaltens der Konsumenten geführt hat.



 

Quelle: Stiftung für das Tier im Recht (TIR)
Artikelbild: Symbolbild © Whiteaster – shutterstock.com

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